Mitte März 2020 stand Deutschland – und die Welt – plötzlich Kopf: Mit der Ausbreitung des Coronavirus veränderte sich das Leben aller grundlegend. Die sich immer wieder verändernde Situation stellte auch die DRF Luftrettung vor bisher nie gekannten Herausforderungen. Als fester Teil der Rettungskette war das wichtigste Ziel, die Einsatzbereitschaft aufrechtzuerhalten. Zudem galt, auch Covid-19-Patientinnen und -Patienten sicher versorgen und transportieren zu können. Denn insbesondere die Intensivtransporthubschrauber der DRF Luftrettung sind eine tragende Säule im öffentlich-rechtlichen Versorgungssystem – gerade im Hinblick auf das Kleeblatt-Konzept, das Bund und Länder gemeinsam unter dem Eindruck der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 für die bundesweite Verlegung von Patienten entwickelt haben.
Die gemeinnützige Organisation analysierte daher mit Beginn der Pandemie in Form einer extra eingerichteten Task-Force fortlaufend die aktuelle Lage, um bei Bedarf unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten. Bürotätigkeiten wurden weitestgehend im Homeoffice durchgeführt, in der Werft am Operation-Center in Rheinmünster wurde zeitweise im Schichtbetrieb gearbeitet. Zudem führten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an allen Standorten und Luftrettungsstationen täglich einen Antigen-Schnelltest durch. So wurde sichergestellt, dass alle Crews unvermindert einsatzbereit und weiterhin für die Menschen da sind. 2021 waren die Luftretterinnen und Luftretter somit wie gewohnt einsatzbereit und leisteten insgesamt 38.076 Einsätze – darunter 881 Intensivtransporte von Covid-19-Erkrankten, um unter anderem Kliniken am Kapazitätslimit zu entlasten. Das zeigt sich auch in einer Untersuchung der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Freiburg in Zusammenarbeit mit der DRF Luftrettung.
Zusätzliche Hubschrauber und Impf-Initiative
Über ihre bundesweit 29 Luftrettungsstationen hinaus engagierte sich die DRF Luftrettung für eine zusätzliche Unterstützung in der Corona-Pandemie. So ermöglichten frühzeitige Überlegungen und eine schnelle Umsetzung bereits Ende März 2020 die Indienststellung von Christoph 111. Der Intensivtransporthubschrauber stand bis Ende März 2022 außerhalb des öffentlichen Regelrettungsdienstes am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden als zusätzliche Unterstützung in der Corona-Pandemie für den bundesweiten sowie internationalen Transport von COVID-19-Patienten zur Verfügung.
Über die Wintermonate stellte die DRF Luftrettung aufgrund der angespannten Situation in den Freistaaten Bayern und Sachsen ebenfalls weitere Crews und Maschinen zur Verfügung: So stand von Dezember 2020 bis Frühjahr 2021 sowie von November 2021 bis Februar 2022 der Rettungshubschraubers Christoph 114 an der Bautzener Station der DRF Luftrettung und trug zur Entlastung bei Notfalleinsätzen bei. Um so bei dem fest in Bautzen stationierten Intensivtransporthubschrauber Christoph 62 freie Kapazitäten für die Verlegungen von Covid-19-Patienten zu schaffen. Am Flughafen Nürnberg stellte die DRF Luftrettung von November 2021 bis Februar 2022 mit Christoph 115 einen zweiten Intensivtransporthubschrauber neben Christoph Nürnberg bereit.
Darüber hinaus hatte sich die gemeinnützige Organisation der Impf-Initiative #ZusammenGegenCorona angeschlossen und unterstützte den öffentlichen Impfaufruf des Bundesministeriums für Gesundheit. „Impfungen von medizinischem Personal, wie etwa bei der DRF Luftrettung, kommt eine besondere Bedeutung zu. Wir sind uns dieser Verantwortung bewusst und wollen daher als wichtiger Teil der Rettungskette in Deutschland mit gutem Beispiel voran gehen“, erläuterte Dr. Krystian Pracz, Vorstandsvorsitzender der DRF Luftrettung. „In diesem Sinne unterstützen wir unsere Mitarbeitenden bei der Impfaufklärung oder auch -organisation. Mitte Dezember 2021 konnten wir so zum Beispiel an unseren Standorten in Rheinmünster und Filderstadt ein Impfangebot unterbreiten, das auch sehr zahlreich angenommen wurde.“
In außergewöhnlichen Zeiten muss man sich den besonderen Herausforderungen stellen, diese annehmen und gleichzeitig in die Zukunft schauen.
– Dr. med. Jörg Braun, Fachbereichsleiter Medizin
Isoliertragen für besseren Schutz
Anfang März 2020 investierte die DRF Luftrettung kurzfristig in die Beschaffung von speziellen Isoliertragen, sogenannten „EpiShuttles“. Mit ihnen können Patientinnen und Patienten mit hochinfektiösen Krankheiten wie in einer Isolierstation transportiert werden. Insbesondere in der ersten und zweiten Welle trugen die neuen Tragen dazu bei, infizierte Patienten sicher zu transportieren. Die Sicherheit der Crews und damit die Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft stand an oberster Stelle, auch angesichts damals drohender Lieferengpässe bei der Schutzausrüstung sowie der noch fehlenden Impfmöglichkeit. So wurden insgesamt zwölf „EpiShuttles“ bundesweit verteilt und an zwölf Luftrettungsstationen eingeführt, die nach wie vor bei speziellen Indikationen eingesetzt werden können. Dazu zählen unter anderem Verlegungsflüge über lange Strecken oder auch nicht-beatmete Patienten, die aus medizinischen Gründen keine Maske tragen können.
Die damalige kurzfristige Anschaffung der Isoliertragen ist auf das proaktive Vorgehen des Hygienemanagements der DRF Luftrettung zurückzuführen: Unabhängig von der Corona-Pandemie hat sich dieses zum Ziel gesetzt, die ohnehin in der Notfallmedizin geltenden hohen Hygienestandards über die gesetzlichen Richtlinien hinaus zu optimieren. Vor diesem Hintergrund wurde bereits im Herbst 2019 in Kooperation mit dem Deutschen Beratungszentrum für Hygiene in Freiburg ein erster wissenschaftlich begleiteter Feldversuch gestartet, in dem es um das Gefährdungspotential der Hubschrauberbesatzungen bei Tröpfchenfreisetzung durch infektiöse Patienten geht, da das Thema möglicher Infektionen durch Tröpfchenfreisetzung auch für andere hochansteckende Virusinfektionen von Bedeutung ist. Unter diesem Aspekt hat die DRF Luftrettung bereits in den Jahren 2017 und 2018 die Eignung der „EpiShuttles“ für den Transport von Patienten mit hochinfektiösen übertragbaren Erkrankungen wie z.B. Masern, Influenza, Tuberkulose oder auch Meningokokken ausgiebig getestet und entsprechende Verfahrensabläufe etabliert. Für eine noch bessere Handhabung und Sicherheit wurde zudem durch den EASA Part 21-Entwicklungsbetrieb der DRF Luftrettung eine spezielle Bodenplatte entwickelt, die für eine optimale Befestigung sorgt. „Jedes Menschenleben ist einzigartig und unersetzlich – wenn wir mit unserer Anschaffung daher auch nur in einem Fall dazu beitragen konnten, dass ein Leben gerettet oder die Genesung verbessert werden konnte, hat sich die Investition gelohnt“, resümiert Dr. med. Jörg Braun, Fachbereichsleiter Medizin der DRF Luftrettung.
Nachbarschaftshilfe mit Adenauer-de Gaulle-Preis gewürdigt
Im Sinne der europäischen Solidarität übernahmen die rot-weißen Luftretterinnen und Luftretter im Frühjahr 2020, als das französische Gesundheitssystem an seine Grenzen geriet, den Transport französischer Intensivpatientinnen und -patienten nach Deutschland und zurück. Das hat gezeigt, dass Zusammenhalt und Solidarität nicht an den Landesgrenzen haltmachen. Für dieses Engagement erhielt die DRF Luftrettung gemeinsam mit der Luxembourg Air Rescue den Adenauer-de Gaulle-Preis 2020. „Diese Auszeichnung macht uns als Organisation unglaublich stolz und bestätigt uns auf unserem Weg“, freute sich Dr. Krystian Pracz, Vorstandsvorsitzender der DRF Luftrettung. „Die DRF Luftrettung ist eine der ältesten und erfahrensten Luftrettungsorganisationen Europas. Als solche sehe ich uns ganz klar in der Pflicht, gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und zu helfen, wo dies nötig ist.“