Reanimation an der Ritterplatte

Ein Winden-Operator der DRF Luftrettung bedient die Winde während der Hubschrauber in der Luft schwebt. (Quelle: DRF Luftrettung)

Ein Winden-Operator der DRF Luftrettung bedient die Winde während der Hubschrauber in der Luft schwebt. (Quelle: DRF Luftrettung)

Freiburger Winde macht den Unterschied

Ein 61-jähriger Mann wandert hoch zur Ritterplatte, einem beliebten Aussichtspunkt an den Battertfelsen nahe Baden-Baden. Nach der Ankunft passiert es: Er bricht zusammen. Eine Ersthelferin eilt herbei und stellt fest, dass ein Herz-Kreislauf-Stillstand vorliegt. Sie wählt die 112 und beginnt umgehend mit der Wiederbelebung.

Zur gleichen Zeit, zirka 90 Kilometer weiter südlich: Pilot Pascal Schips, Notfallsanitäter Stephan Nusser und Notarzt Dr. med. Nikos Karvouniaris sind im Dienst an der DRF-Luftrettungsstation von Christoph 54 in Freiburg im Breisgau. Der Melder vibriert. Begleitet von lautem Piepsen: Einsatz auf der Ritterplatte. Sie werden bei einem reanimationspflichtigen Patienten gebraucht. Die Flugstrecke ist weit, der Grund für den Einsatz von Christoph 54 aber schnell erklärt: Er findet sich an der Außenseite des Hubschraubers. Die Crew soll den Patienten mit der Rettungswinde aus dem Gelände holen und schnellstmöglich in eine Klinik bringen. Zum jetzigen Stand unter laufender Reanimation. Durch den abgelegenen Einsatzort würde ein Bodentransport deutlich länger dauern.

Rückmeldung beim Anflug

Der Anflug zum Einsatzort dauert ungefähr 25 Minuten. In dieser Zeit bereiten Notfallsanitäter Nusser und Notarzt Karvouniaris die Kabine für den Windenvorgang vor. Fünf Minuten vor der Ankunft gibt es per Funk eine Information durch die Rettungskräfte vor Ort: Der Spontankreislauf des Patienten hat wieder eingesetzt. Zunächst ist das ein gutes Zeichen”, sagt Notfallsanitäter und HEMS TC Stephan Nusser. „Die Frage ist natürlich weiterhin, ob der Patient auch stabil bleibt.”

An der Winde zum Patienten

Nach Ankunft am Einsatzort begutachten Pilot Schips und Notfallsanitäter Nusser die unterschiedlichen „Winch Spots“ an denen man den Notarzt absetzen kann. Sie entscheiden sich für eine zirka 3 x 4 Meter große Fläche in unmittelbarer Nähe zum Patienten. Währenddessen macht sich Notarzt Karvouniaris bereit für den Winch-Vorgang. Die Seitentür des Hubschraubers wird geöffnet, das vorbereitete Material noch einmal auf seine sichere Fixierung im Hubschrauber kontrolliert. Stephan Nusser unterstützt den Notarzt bei der Fixierung am Windenseil. Nachdem alles korrekt sitzt und gesichert ist, werden Notarzt Karvouniaris und ein Teil der Ausrüstung zum Patienten hinuntergelassen – circa 55 Meter. Nach kurzer Zeit berühren die Einsatzstiefel des Notarztes den Boden und er kann Karabiner und Equipment vom Windenhaken lösen.

Unterstützung durch Bergwacht

Während der Notarzt sich ein Bild von der Situation macht, holt die restliche Crew von Christoph 54 einen RSH („Rettungsspezialist Helikopter“) der Bergwacht Schwarzwald ab, der sich zeitgleich zur Alarmierung für seinen Einsatz vorbereitet hat. Die RSH der Bergwachten Schwarzwald und Württemberg unterstützen die Crews von Christoph 54 bei ihren Windeneinsätzen, insbesondere die Hubschraubernotärzte bei medizinischen Maßnahmen am Boden, und sorgen im absturzgefährdeten Gelände für die Sicherheit von Einsatzkräften und Patienten.

Ersthelferin vom Fach

Der Notarzt findet einen Patienten vor, der schon hervorragend medizinisch vorversorgt wurde. Die eingetroffenen NEF- und RTW-Besatzungen haben gemeinsam mit der Feuerwehr Baden-Baden, sowie Mitgliedern der Bergwacht den Patienten intubiert, beatmet und medikamentös versorgt. Der Kreislauf ist so weit stabil. Ein glücklicher Zufall: Die Ersthelferin, die sich sofort um den 61-jährigen Patienten gekümmert hat, ist selbst Notärztin. Sie konnte durch ihr Fachwissen eine optimale Erstversorgung bis zum Eintreffen der Rettungskräfte gewährleisten. Gerade in diesem Zeitraum entscheidet sich oft, ob ein Patient überlebt. Und zwar anhand der Frage, ob schnelle und richtige Maßnahmen getroffen werden.

Es geht wieder nach oben

Fünf Minuten nachdem Notarzt Karvouniaris den Patienten erreicht hat, wird RSH Gerhard Lier mit dem restlichen Material, darunter der Bergesack und eine mechanische Reanimationshilfe (ein tragbares Gerät, das die Herzdruckmassage übernehmen kann), zur Einsatzstelle abgeseilt. Die Aufgabe von Notarzt Karvouniaris und RSH Lier ist es nun, den Patienten für den Transport mit der Winde vorzubereiten. Er muss schnell in den Hubschrauber und in die Klinik geflogen werden. Für den Fall, dass es einen erneuten Herz-Kreislauf-Stillstand gibt, wird die mechanische Reanimationshilfe an den Brustkorb des Patienten angelegt. Danach wird er im Bergesack fixiert und in die Winde eingehakt. Gemeinsam mit dem Notarzt geht es nun hinauf zum Rettungshubschrauber. Notarzt Karvouniaris führt am Windenseil die Beatmung des Patienten mit Beatmungsbeutel weiter. Am Hubschrauber angekommen, wird der Patient mit dem Bergesack in die Kabine befördert. Als er sicher auf der Trage fixiert ist, erhält Pilot Pascal Schips das Signal für den Abflug und steuert die Maschine in Richtung Klinikum Karlsruhe. „Die mechanische Reanimationshilfe musste nicht eingeschaltet werden”, so Stephan Nusser. Denn erfreulicherweise bleibt der Kreislauf des 61-Jährigen stabil. Sieben Flugminuten später wird der Patient an das Klinik-Team übergeben.

 

Demo-Bild: Zu sehen ist hier exemplarisch, wie die mechanische Reanimationshilfe vor dem Winch-Vorgang am Oberkörper des Patienten fixiert wird. (Quelle: Olga von Plate / DRF Luftrettung)

Notarzt Karvouniaris wird mit dem Patienten am Windenseil zum Hubschrauber hochgezogen. (Quelle: Feuerwehr Baden-Baden)

Zeitvorteil durch Winde

Der Einsatz an der Ritterplatte ist ein Paradebeispiel für den Vorteil von Rettungswinden. „Der Patient befand sich in unwegsamem Gelände, musste aber schnellstmöglich in die Klinik”, erklärt Stephan Nusser. „Er hätte zwar durch das schwierige Gelände getragen und in den weiter entfernten RTW gebracht werden können. Das hätte jedoch deutlich länger gedauert – genauso auch die Fahrt in das Krankenhaus.” Mithilfe der Rettungswinde konnte wertvolle Zeit eingespart und die Genesungschancen deutlich erhöht werden.

Wir danken der Crew von Christoph 54 und allen weiteren Einsatzkräften – inklusive Gerhard Lier von der Bergwacht Schwarzwald – für ihren Einsatz!

 

Über die Station Freiburg

Die seit dem 10. März 1993 bestehende Station befindet sich am Flugplatz Freiburg. Es kommt ein Rettungshubschrauber des Typs H145 mit Fünfblattrotor und Rettungswinde zum Einsatz.

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