Die Crew des Karlsruher Christoph 43 ist eigentlich für einen anderen Einsatz alarmiert. Da wird plötzlich umdisponiert: Reanimation! Auf dem Rhein. Die Crew startet durch und erreicht schon nach einer halben Flugminute den Patienten. Er überlebt den Herz-Kreislauf-Stillstand – fast wie im Film.
„Wir sind gerade abgehoben – zu einem Einsatz nördlich von Karlsruhe“, erinnert sich Sebastian Geißert, HEMS TC und Notfallsanitäter auf dem Christoph 43. „Da erreichte uns plötzlich die Info über einen reanimationspflichtigen Patienten“. Die Leitstelle Mittelbaden koordiniert mit der Crew über Funk, ob Sie ihren aktuellen Einsatz abbrechen und eine Reanimation übernehmen kann. Der Patient befände sich im nahen Umfeld der Station. Nach kurzer Klärung übernimmt die Crew und macht sich auf den Weg. Das Ziel ist eine Schiffsanlegestelle am Rhein im benachbarten Hügelsheim.
„Nach nur knapp 30 Flugsekunden waren wir am Ziel“, so Sebastian Geißert. Bereits während des Überflugs ist erkennbar, dass der Patient sich auf einem kleinen Sportboot befindet und von Ersthelfern reanimiert wird. Pilot Buchmann landet den Hubschrauber direkt auf dem Rheindamm – als erstes Rettungsmittel am Notfallort. Sebastian Geißert und Notarzt Dr. med. Heiko Baumann nehmen das medizinische Equipment und eilen zum Patienten. Die Crew klettert auf das Boot und die Familienangehörigen – Schwiegervater und Ehefrau – berichten, dass der Patient während der Bootsfahrt plötzlich zusammengebrochen ist. Sie verständigten die Notrufzentrale und fingen mit der sofortigen Herzdruckmassage an – mit telefonischer Unterstützung der Leitstelle. „Und das haben sie exzellent gemacht“, lobt Sebastian Geißert.
Notfallsanitäter Sebastian Geißert und Notarzt Heiko Baumann stellen beim Patienten ein lebensbedrohliches Kammerflimmern fest. Das heißt, der Herzmuskel zuckt nur noch ungerichtet und pumpt kein Blut mehr durch den Körper – was einem Herz-Kreislaufstillstand gleichkommt. „Wir haben sofort drei Schocks mit unserem Defibrillator abgegeben, um das Kammerflimmern zu unterbrechen“, so Sebastian Geißert. Und die Maßnahme wirkt. Das EKG zeigt ein sogenanntes ROSC – was für Return of Spontanious Circulation oder – zu Deutsch – für das Wiedereinsetzen eines spontanen Kreislaufes steht. Das Herz des Patienten schlägt wieder mit einem kräftigen Puls. Zudem stellt die Crew fest, dass der Patient sogar eigenständig atmet – ein gutes Zeichen!
„Einige Minuten nach der Defibrillation passierte das, was man zwar aus Filmen kennt, im Einsatzalltag aber eher eine Besonderheit ist“, so Sebastian Geißert. „Der Patient öffnet die Augen.“ Er kann in wachem Zustand vom Boot getragen und an das Ufer gebracht werden. Im zwischenzeitlich eingetroffenen RTW erfolgt die Weiterversorgung. „Auf dem EKG war eine sogenannte ST-Streckenhebung erkennbar“, so Sebastian Geißert. „Dabei ist die EKG-Linie an einer bestimmten Stelle auffällig angehoben.“ Was heißt das konkret? „Es war sicher davon auszugehen, dass der Patient an einem Herzinfarkt litt“, so Geißert. Bei einem Herzinfarkt kommt es durch einen Gefäßverschluss zu einer Unterversorgung des Herzmuskels mit Sauerstoff. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war das die Ursache des Kammerflimmerns.
Vergleich: EKG-Ausdruck eines normalen Sinusrhythmus (oben) und eines lebensbedrohlichen Kammerflimmerns (unten). Fotos: Sebastian Geißert
Unter Begleitung von Notarzt Baumann wird der Patient zügig in die Klinik nach Rastatt gebracht. Dort angekommen, geht es für ihn in das Herzkathederlabor – um die Durchblutungsstörung am Herzen schnell aufzuspüren und zu therapieren. Nach der Übergabe des Patienten fährt Notarzt Baumann zum nahe gelegenen Flugplatz Rastatt. Dort warten HEMS TC Sebastian Geißert und Pilot Volker Buchmann mit dem Rettungshubschrauber auf den Notfallmediziner. Nachdem die Crew des Christoph 43 wieder vereint ist, fliegt sie zurück zur Station am Baden-Airpark.
Eine filmreife Aufwachszene, wie bei diesem Einsatz, setzt schnelles Handeln voraus. So wie es hier durch die vorbildliche Laienreanimation und die kurze Anflugzeit der Luftretter gegeben war. Durch die besonders schnelle Therapie wurden schwere gesundheitliche Schäden oder gar der Tod des Patienten rechtzeitig verhindert. Doch nicht immer können Rettungsteams innerhalb von 30 Sekunden beim Patienten sein. “Dann ist es wichtig, dass Ersthelfer sofort mit der Herzdruckmassage beginnen und sie konsequent fortführen, bis die Retter vor Ort sind”, betont Sebastian Geißert. Passiert stattdessen nichts, sinken die Überlebenschancen eines Patienten pro Minute um 10 Prozent.
EKG-Vergleich: ST-Strecke (rote Linie) beim normalen Sinusrhythmus (oben) und sichtbare ST-Streckenhebung beim Herzinfarkt (unten). Fotos: Sebastian Geißert
Wir wünschen dem Patienten eine rasche Genesung und danken den Ersthelfenden für die vorbildliche Arbeit!