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Knochenbruch auf dem Eis: DRF Luftrettung holt Patienten aus Stockholm zurück

Geschrieben von DRF Luftrettung | 24.10.2024

Anfang des Jahres 2024 reist Roland Eisner mit seiner Frau nach Stockholm. Bei einer Schlittschuh-Tour auf dem See passiert es ihm dann: Sturz mit Beinfraktur. Vor Ort im Krankenhaus kann keine sofortige Operation erfolgen. Als Fördermitglied ruft er deshalb bei der Einsatzzentrale der DRF Luftrettung an. Zügig wird ein Rückholflug nach Deutschland organisiert. 

„Wir sind große Schweden-Fans“, sagt Roland Eisner, als er vom Tag des Vorfalls erzählt. Deswegen steigt er mit seiner Frau Anfang des Jahres 2024 in den Flieger nach Stockholm – für einen Kurztrip von Samstag bis Montag. Erst die Stadt anschauen und am nächsten Morgen die Erfüllung eines großen Wunsches: Ice-Skating auf dem Mälaren, einem See westlich der schwedischen Hauptstadt. „Dafür haben wir eine geführte Gruppentour gebucht“, erklärt Roland Eisner. 

Aufbruch am Sonntagmorgen 

Zusammen mit circa zehn anderen Teilnehmenden aus ganz Europa startet der Ausflug. Am Ufer gibt es eine Einweisung für das Equipment. Und dann heißt es: Ab aufs Eis! „Wir waren zirka zehn Minuten unterwegs – noch gar nicht weit weg vom Ufer“, erinnert sich Roland Eisner. „Ich wollte eine Kurve fahren und bin plötzlich gestürzt.” Als er am Boden liegt, schafft er es nicht, wieder aufzustehen. „Meine Hüfte fühlte sich auf der rechten Seite komisch an“, erinnert er sich. „Es war kein Schmerz, eher ein taubes Gefühl. Ich hatte mein Bein nicht mehr unter Kontrolle.“ Auch mit Unterstützung des Tour-Guides kann Roland Eisner nicht wieder aufstehen. Er setzt sich hin und hofft, dass es vorübergeht. Doch dann kommen die Schmerzen. 

                     
Selfie vor dem Mälaren: Roland Eisner bei den Vorbereitungen am Seeufer. Foto: Roland Eisner

Verdacht auf Knochenbruch  

Es werden Rettungsdienst und Feuerwehr verständigt. Letztere, um den Transport des Patienten über das Eis zu unterstützen. Ein Tourenteilnehmer hilft dabei, den Verletzten an das Ufer zu ziehen. Er wird auf die Krankentrage gehoben und hat dabei deutliche Schmerzen. „Mir war klar: Das ist etwas Ernstes“, so Roland Eisner. Die Verständigung mit den Einsatzkräften erfolgt auf Englisch. Die Verdachtsdiagnose lautet: Knochenfraktur im Bein. „Mir wurde ein Schmerzmittel verabreicht und dann fuhren wir in die Klinik.“ 

Ungewissheit und eine zündende Idee 

Im Krankenhaus angekommen, folgt eine weitere Schmerztherapie. Im Röntgen wird anschließend der Verdacht bestätigt. Die Diagnose lautet Oberschenkelhalsbruch. Dabei handelt es sich um eine Fraktur des Hüftkopfes, der sich am oberen Ende des Oberschenkelknochens befindet und diesen mit dem Becken verbindet. Es folgt Ungewissheit. „Der Bruch muss operiert werden“, so der Klinikarzt. Einen Termin gibt es vielleicht am Folgetag. Klar ist das aber nicht, denn das Krankenhaus ist zu diesem Zeitpunkt überlastet. Und jetzt? 

„Ich fühlte mich erstmal hilflos“, meint Roland Eisner. Denn es ist nicht klar, wie es weiter geht. Und vor allem wann. Würde seine Frau jetzt allein nach Deutschland zurückfliegen? Müsste er dortbleiben? Dann der rettende Gedanke. „Ich erinnerte mich plötzlich an die Karte, die ich beim Packen daheim in der Hand hielt“, erklärt er. „Ich wollte sie erst gar nicht mitnehmen. Doch jetzt war ich froh, dass ich es doch getan habe.“ Roland Eisner meint den Ausweis für Fördermitglieder der DRF Luftrettung. Er hat ihn bei sich, nimmt ihn zur Hand und wählt die darauf angegebene Nummer.  

Einstufung: Dringlich 

Roland Eisner erreicht die Einsatzzentrale der DRF Luftrettung am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden. „Dort wurde der Fall vom Kollegen Marco Bauer aufgenommen“, erklärt Klaus von der Heydt, Teamleiter in der Einsatzzentrale der DRF Luftrettung. „Nach der Prüfung seines Mitgliedschaftsstatus wurden die Informationen an unseren Arzt vom Dienst, Dr. med. Johannes Meyer, zur Abklärung weitergegeben.“ Für Roland Eisner ändert sich die Gefühlslage: „Von totaler Unsicherheit zu absoluter Ruhe“, erinnert er sich. Denn ihm wird mitgeteilt, dass er mit der Indikation für eine Rückholung in Frage kommt.  

Johannes Meyer telefoniert zunächst mit Roland Eisner und dann mit dem Klinikarzt. Sie klären die medizinischen Details ab und beurteilen, ob die Rückholung angebracht ist. Dann meldet sich Meyer in der Einsatzzentrale zurück. „Er hat entschieden: Der Patient soll zurückgeflogen werden – mit Dringlichkeit, innerhalb der nächsten 24 Stunden“, so Klaus von der Heydt. Denn ein OP-Termin in Stockholm ist für Roland Eisner weiterhin nicht in Sicht. 

 

„Um 20 Uhr kam dann die finale Zusage. Das war eine große Erleichterung.“  

Roland Eisner

 

Planung am Vorabend – Abflug am Mittag 

Bevor der Flieger abhebt, muss vonseiten der Einsatzzentrale einiges organisiert werden. Marco Bauer informiert die Crew am Vorabend über den anstehenden Flug. Zudem kümmert er sich um die Flugplanung – eine wichtige Aufgabe der Einsatzzentrale. Dazu zählen Streckenplanung, Treibstoffberechnung und -bestellung am Zielflughafen und die dortige Abklärung der möglichen Landezeitfenster. Zudem wird ein sogenannter Handling Agent am Zielflughafen Stockholm gebucht, der sich um die Abwicklung vor Ort kümmert. Auch um die Bodentransporte – sowohl in Schweden als auch in Deutschland – kümmert sich die Einsatzzentrale der DRF Luftrettung. 

Die Crew – das sind Flugkapitän, Copilot, eine Ärztin und ein Fachkrankenpfleger – trifft am Folgetag, zwei Stunden vor dem Abflug, an der Einsatzzentrale ein. Klaus von der Heydt gibt dem Team ein Briefing, unterrichtet die Crew über alle wichtigen Details und überreicht relevante Unterlagen, darunter den medizinischen Report und Passkopien des Patienten. Danach geht es für die Crew in den Flieger. Zur Mittagszeit dann: Take-off! Und Roland Eisner? Der kann es kaum erwarten und beobachtet den Start des Ambulanzflugzeuges auf seinem Smartphone per Flight-Radar – einer App, mit der man Flugzeuge auf der Landkarte verfolgen kann. 

                     
Die Maschine des Typs Learjet 35a ist am Stockholmer Flughafen angekommen – bereit für den Rücktransport von Roland Eisner nach Deutschland. Foto: Roland Eisner

Abholung in der Klinik 

Eine Stunde nach der Landung am Stockholmer Flughafen steht die medizinische Besatzung – zu der auch Notärztin Raja Schott gehört – am Krankenbett des Patienten. „Was für ein Moment!“, denkt Roland Eisner zurück. Die Ärztin macht sich ein Bild der Lage, bespricht mit Roland Eisner und dem medizinischen Personal die nächsten Schritte. Für den Transport zum Flughafen ist ein schwedisches Team mit Ambulanzfahrzeug angekommen. Der Verletzte soll vom Krankenbett auf die Trage der Ambulanz umgelagert werden. „Dies kann bei einer Schenkelhalsfraktur allerdings schmerzhaft sein“, erklärt Raja Schott. „Zwar hat der Patient bereits Schmerzmedikamente in der Klinik bekommen, diese waren aber vor allem für die Ruhelage gedacht. Für das geplante Anheben und Bewegen des Patienten bekam er von uns ein noch deutlich stärkeres Schmerzmittel verabreicht – ein Opiat.“ Der Patient wird nach der Medikamentengabe auf die Krankentrage umgelagert.  

Ruhiger Flug nach Deutschland 

Es geht für Roland Eisner in den Krankentransportwagen. Ziel: Der Stockholmer Flughafen. Dort wartet das Ambulanzflugzeug der DRF Luftrettung. „Es war so großartig, dass meine Frau mitkonnte“, erinnert er sich. Die Ambulanz erreicht den Flughafen und wird vom Handling Agent zum Flugzeug geführt. Eisner wird mit vielen Händen und einem speziellen Einlade-System über die Flugzeugtür in die Kabine des Fliegers verbracht. Kurze Zeit später geht es los: Flugkapitän Christian Schaub gibt vollen Schub und der Flieger des Typs Learjet 35a hebt von der Startbahn ab in Richtung Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden. Geplante Flugzeit: Zirka 2, 5 Stunden. „Der Flug war ruhig“, so Roland Eisner. „Die beste Zeit seit dem Unfall. Keine Schmerzen und einfach Ruhe.“ Die medizinische Crew betreut Eisner während des gesamten Flugs.

„Der Flug war ruhig. Die beste Zeit seit dem Unfall. Keine Schmerzen und einfach Ruhe.“ 

Roland Eisner

                                     
Hat trotz des vorzeitigen Urlaubsendes ein Lächeln übrig: Roland Eisner während des Rückfluges nach Deutschland. Foto: Roland Eisner

Ein intensives Gefühl 

Am frühen Abend erreicht der Learjet 35a den Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden. Dort steht bereits der RTW für den Weitertransport bereit. Roland Eisner wird in die ungefähr 23 Kilometer entfernte Unfallchirurgie nach Achern gebracht. Die Aufnahme in der Zielklinik wurde ebenfalls durch die Einsatzzentrale der DRF Luftrettung organisiert. „Wir kamen um 21 Uhr an und am nächsten Morgen wurde ich direkt operiert“, erzählt er. Danach verbringt er eine Woche im Krankenhaus, geht für eine weitere Woche nach Hause und startet dann eine vierwöchige Reha. „Es war gigantisch“, zieht er sein Resümee. „Man rechnet ja nicht mit so einem Unfall. Und dann kommt so eine Infrastruktur in Gange und so viele Menschen arbeiten Hand in Hand zusammen, um einem zu helfen. Das war ein intensives Gefühl.“ Mittlerweile hat sich Roland Eisner von seinem Unfall erholt und es geht ihm gut. „Rennen kann ich noch nicht, aber ansonsten geht alles“, lächelt er zufrieden. 

Wir wünschen Roland Eisner weiterhin eine gute Genesung und bedanken uns bei allen beteiligten Bereichen und Organisationen für die hervorragende Arbeit!