Bereits seit dem 1. August 1979 arbeitet Rainer Banzhaf bei der DRF Luftrettung: Der Einsatzkoordinator mit der Personalnummer 001 hat die Einsatzzentrale der DRF Luftrettung mit Herzblut, Faszination und Engagement in ihrer Entwicklung begleitet. Wenn er im November in den wohlverdienten Ruhestand geht, blickt er zurück auf ein Arbeitsleben, das er nahezu vollständig bei der gemeinnützigen Organisation verbracht hat. Der Teamgedanke steht für ihn dabei seit jeher im Vordergrund.
Die Fliegerei fasziniert Rainer Banzhaf bereits in jungen Jahren. Direkt nach dem Schulabschluss entscheidet er sich für eine Ausbildung bei der Bundesanstalt für Flugsicherung (BfS, heute Deutsche Flugsicherung). Als Flugdatenbearbeiter, also Fluglotsenassistent in der Flugberatung und im Flugfernmeldedienst, startet er anschließend als Beamter im mittleren, nichttechnischen Dienst ins Berufsleben.
Als Flugdatenbearbeiter und Rettungsassistent in die Alarmzentrale
Nach Erhalt seiner Einberufung zum Wehrdienst, verweigert er und sucht nach einer Zivildienststelle: Die DRF Luftrettung, damals noch Deutsche Rettungsflugwacht, kennt er bereits aufgrund seiner Tätigkeit bei der Flugsicherung. Dass die Organisation auch Zivildienstleistende beschäftigt, bietet ihm eine Chance, die er sich nicht entgehen lässt: „Ich war bereits 1978 interessiert daran, bei der DRF Luftrettung zu arbeiten. Die Verbindung der Fliegerei, die für mich einen enormen Reiz hatte, mit dem Aspekt, Gutes tun und bei der Rettung von Menschenleben helfen zu können – das war genau die richtige Mischung für mich. Umsetzen konnte ich meinen Wunsch dann tatsächlich ein Jahr später: Am 1. August 1979 hatte ich meinen ersten Arbeitstag. Damals war ich 23.“
Zunächst arbeitet er in der Fördererabteilung und betreut dort die Mitglieder. Parallel dazu beginnt er eine dreimonatige Ausbildung zum Rettungssanitäter bei der DRF Luftrettung. Nach kurzer Zeit bekommt er die Möglichkeit, in die Alarmzentrale zu wechseln: Seit Dezember 1980 ist Rainer Banzhaf als Einsatzkoordinator tätig, nimmt Anrufe aus allen Teilen der Welt entgegen, bei denen es stets um eines geht: Menschen in medizinischen Notlagen zu helfen und sie mit den Flugzeugen der DRF Luftrettung sicher zurück in ihre Heimat zu bringen.
Rainer ist menschlich, authentisch und mitfühlend. Er ist jemand, der für die Menschen da ist und somit unser Motto ‚Menschen. Leben. Retten.‘ vom ersten Moment an gelebt hat und bis heute lebt
Peter Keidler, stellvertretender Fachbereichsleiter Flugbetrieb bei der DRF Luftrettung
Keine Alarmierung gleicht der anderen
Die Arbeit in der Alarmzentrale ist geprägt von stets neuen Aufgaben, in die es sich einzuarbeiten gilt. In den 80er Jahren etwa ist die DRF Luftrettung in der Katastrophenhilfe oder Flüchtlingshilfe sehr aktiv, auch Organtransporte für Transplantationen werden begleitet. Eine Arbeit, die den Kollegen einiges an Flexibilität abverlangt: Wer damals in der Alarmzentrale ans Telefon geht, koordiniert beim ersten Anruf einen Ambulanzflug, während im nächsten Telefonat ein Hubschrauber gefragt ist. „Wir mussten uns vom Kopf her ziemlich schnell umstellen können“, erinnert sich Rainer Banzhaf.
„Rainer ist menschlich, authentisch und mitfühlend. Das ist besonders wichtig, da sich viele, die in der Einsatzzentrale anrufen, in einer Krisensituation befinden: Er ist jemand, der für die Menschen da ist und somit unser Motto ‚Menschen. Leben. Retten.‘ vom ersten Moment an gelebt hat und bis heute lebt“, beschreibt Peter Keidler, stellvertretender Fachbereichsleiter Flugbetrieb bei der DRF Luftrettung, seinen Kollegen.
Das grundsätzliche Aufgabenspektrum der Alarmzentrale hat sich seit den 80er Jahren kaum verändert, so Rainer Banzhaf. Neben der Annahme von Alarmierungen gehört zur Arbeit der Einsatzkoordinatoren auch die Prüfung der Transportmöglichkeiten und -notwendigkeiten, wie etwa Überfluggenehmigungen, Tank- und Pausenmöglichkeiten, die geopolitische Lage und die Abklärung der medizinischen Durchführbarkeit des Einsatzes. Es werden Flugpreise errechnet und der Kontakt zum Kunden gehalten. „Je nach Bedarf arbeiten wir auch eng mit der Zentralen Koordinierungsstelle (ZKS) zusammen, die luft- und bodengebundene Intensivtransporte in Baden-Württemberg disponiert und somit auch Weitertransporte unserer Patienten organisieren kann.“
Aus technischer Sicht gibt es jedoch gravierende Unterschiede zwischen damals und heute: „Anfangs kommunizierten wir noch per Kurzwelle und mit Fernschreibern und Lochstreifen, also Telegrafiegeräten zur Übermittlung schriftlicher Nachrichten durch elektrische Signale. Als die ersten Faxgeräte kamen, war das bereits eine enorme Erleichterung. Und heute läuft nahezu alles digital.“
Seine Erinnerungen an „damals“ sind für die Kollegen der Einsatzzentrale etwas Besonderes: „Ich mag es sehr, wenn er aus den vergangenen Jahrzehnten der DRF Luftrettung und all ihren Transformationen erzählt. Zeitlich irgendwo zwischen den Gebrüdern Wright, Björn Steiger und der Gegenwart. Geschichten aus einer Welt mit BTX-Geräten und Fernschreibern oder dem Flugfunk zwischen Einsatzzentrale und Flugzeug“, sagt Carsten Atrops, der ebenfalls als Einsatzkoordinator seinen Dienst versieht.
Und noch etwas ändert sich im Laufe der Zeit: Ist die „Mannschaft“ der DRF Luftrettung zu Beginn seiner Laufbahn noch überschaubar, wächst mit zunehmender Bedeutung der Luftrettung auch die Zahl der Kolleginnen und Kollegen. „Eine logische Konsequenz war die Einführung von Personalnummern – damals nach alphabetischer Reihenfolge. Mein Nachname war zu dieser Zeit offenbar der erste im System, seitdem bin ich die Nummer 001“, erinnert er sich schmunzelnd.
In den Jahren 2007 und 2008 wird aus der Alarmzentrale die Einsatzzentrale, die in das heutige Gebäude am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden umzieht.
Ein Joint Venture mit der Luxemburger Rettungsflugwacht birgt neue Entwicklungen, die Alarmzentrale nimmt nun auch Alarmierungen für die Luxemburger Kollegen an und bearbeitet sie. Viele Abläufe, die durch die Alarmierungen anfallen, werden zusammengezogen.
Anfangs kommunizierten wir noch per Kurzwelle und mit Fernschreibern und Lochstreifen, also Telegrafiegeräten zur Übermittlung schriftlicher Nachrichten durch elektrische Signale. Als die ersten Faxgeräte kamen, war das bereits eine enorme Erleichterung. Und heute läuft nahezu alles digital.
Rainer Banzhaf
Viele Kollegen – ein Team: Luftrettung funktioniert nur Hand in Hand
Das Klingeln des Telefons in der Einsatzzentrale setzt eine Sequenz verschiedener Abläufe in Gang. Mit Hilfe der abklärenden Ärzte wird zunächst beurteilt, ob dieser Einsatz durchführbar ist. Wenn ja, beginnt die Alarmierung. Für den Einsatzkoordinator heißt das als Erstes: die Besatzung eintragen. Welche Teams im Flugdienst sind, erfährt er vom Piloten vom Dienst. Die medizinische Besatzung erhält er vom Koordinator, ebenso alle Grundinformationen zur Ausstattung, die für den Einsatz benötigt wird. Für den Flug wird ein Abflugzeitpunkt definiert, der eingehalten werden soll. Parallel dazu müssen die Bundesfreiwilligendienstleistenden (Bufdis) der Technik informiert und instruiert werden, die den Learjet für den Einsatz vorbereiten. „Man ist also ständig mittendrin in der Arbeit und schaut gleichzeitig, dass alle Informationen und Anweisungen gut verständlich und freundlich an alle Beteiligten überbracht werden – die Stimmung muss passen, das ist wichtig“, plaudert Rainer Banzhaf aus dem Nähkästchen.
Das „Team Einsatzzentrale“ geht nach seinem Empfinden weit über die Einsatzkoordinatoren hinaus. Piloten, medizinische Besatzungen und Kollegen der ZKS gehören ebenso dazu wie die Technik. „Auch die Bufdis sind ein elementarer Bestandteil unseres Teams, das ist keine Frage. Hinzu kommen jede Menge Bereiche, die dazu beitragen, dass unsere Einsätze zum Laufen gebracht werden können“, sagt Rainer Banzhaf. Dass jeder in diesem Gefüge tut, was er kann, ist für ihn selbstverständlich: „Ich stehe auch gern für Fragen zur Verfügung und kümmere mich um Dinge, die zusätzlich noch zu erledigen sind. Da bin ich mir nicht zu schade. Das ist mein Verständnis des Team-Begriffs. Ich bin ein Rädchen in einem Getriebe, das viele Rädchen hat, und alle müssen ineinandergreifen, sonst funktioniert es nicht.“
Die Arbeit als Einsatzkoordinator: vielseitiges Miteinander
Ein klassischer Ausbildungsberuf ist die Tätigkeit in der Einsatzzentrale nicht. Das Berufsbild des Einsatzkoordinators entwickelte sich in den 70er Jahren, Interessenten kommen meist aus Berufen der Luftfahrt. „Ausgebildete Dispatcher, also Menschen, die Flugpläne erstellen und die Flugvorbereitung machen, sind beispielsweise prädestiniert für die Arbeit bei uns. Sie erstellen Flugpläne genau so, wie sie von den Piloten benötigt werden, um einen Flug überhaupt antreten zu dürfen“, so Rainer Banzhaf. Diese Flugpläne werden bei der Flugsicherung aufgegeben und aktiviert.
Neben dem fliegerischen ist auch medizinisches Wissen eine gute Voraussetzung: die Diagnosen der Patienten werden direkt mit der Alarmierung übermittelt. „Wer damit etwas anfangen kann, ist auf jeden Fall im Vorteil“, erklärt er.
Gute kognitive Fähigkeiten und ein Interesse für weltweite Geografie erleichtern die Arbeit darüber hinaus. „Mir persönlich hat das sehr geholfen“, bestätigt er. Spricht man mit seinem Kollegen Daniel Hodapp, wird klar, dass Rainer Banzhaf in diesem Fall doch etwas „tiefstapelt“: „Egal welcher Notruf eingeht, an welchem noch so abgelegenen Ort sich der Anrufer auch befinden mag, Rainer kennt die Gegend, die örtlichen Gepflogenheiten und Umstände fast immer von vergangenen Einsätzen. Oft war er sogar bereits vor Ort. Gerade deswegen kann er dem verunglückten oder erkrankten Anrufer ein besonderes Gefühl der Sicherheit geben. Dies beeindruckt mich immer wieder.“ Das bestätigt auch Carsten Atrops: „Rainer ist der Mann für alle Angelegenheiten, in denen Erfahrung gefragt ist. Wenn ich eine Anfrage im Bereich Ambulanzflug bearbeite, freue ich mich jedes Mal darüber, wenn ich parallel zu ihm Dienst habe, weil er auf Anhieb zumindest einen zielsicheren Tipp für nahezu jeden Ort in der Welt und jeden dazugehörigen Flughafen abgeben kann. Und diese Tipps bringen mich viel schneller und besser weiter, als ich das selbst zunächst recherchieren könnte. So kann ich auf Grundlage seiner Erfahrung zielgerichtet aufbauen.“
Egal welcher Notruf eingeht, an welchem noch so abgelegenen Ort sich der Anrufer auch befinden mag, Rainer kennt die Gegend, die örtlichen Gepflogenheiten und Umstände fast immer von vergangenen Einsätzen.
Daniel Hodapp, Einsatzkoordinator DRF Luftrettung
Unerlässlich sind Sprachkenntnisse: „In der Einsatzzentrale geht ohne Englisch gar nichts. Jede weitere Sprache ist von Vorteil“, so Rainer Banzhaf. Erst im vergangenen Jahr wird eindrucksvoll deutlich, wie wichtig dieser Aspekt ist: Während der Coronapandemie fliegt die DRF Luftrettung auch Patienten aus Frankreich zur Behandlung nach Deutschland, um das französische Gesundheitswesen zu entlasten. „Wir haben beispielsweise einen Kollegen, der in Frankreich gearbeitet hat und fließend Französisch spricht. Das war in dieser Zeit Gold wert“, erklärt Rainer Banzhaf.
Immer mit ganzem Herzen im Dienst
Wenn Rainer Banzhaf im November die DRF Luftrettung in den Ruhestand verlässt, hat er viele Erinnerungen im Gepäck, auch Dankbarkeit erfüllt ihn. „Ein einziger Einsatz ist es sicher nicht, der mir aus all der Zeit im Gedächtnis geblieben ist“, überlegt er. „Vielmehr sind es eine Reihe von Bildern, die mich geprägt haben. Zum Beispiel das kleine Mädchen, das im Alter von wenigen Jahren bereits die dritte Herz-OP vor sich hatte. Da denkt man schon drüber nach.“
Das Team der Einsatzzentrale hat seinerseits nur gute Wünsche für Rainer Banzhaf und vermisst den Kollegen bereits jetzt: „Ich habe ihn als überaus kollegial erlebt. Er war immer zur Stelle, wenn Not am Mann war und hat dadurch über die Jahre hinweg einige Kohlen aus dem Feuer geholt“, sagt Einsatzkoordinator Andreas Moser. Kollege Marco Bauer findet ebenfalls nur lobende Worte: „Rainer durfte ich vor 10 Jahren kennenlernen, in vielen gemeinsamen Diensten schätzte ich seine ruhige gelassene Art. Es war mir eine Ehre, in dieser Zeit von ihm zu lernen.“
„Ich wünsche Rainer, dass er auf dem Weg in den Unruhestand all diese Dinge, Erlebnisse und Geschichten auf die positivste Weise im Herzen behält. Ich bin ganz sicher, dass in seinem Leben Themen existieren, denen er nun endlich mehr Raum geben kann“, sagt Carsten Atrops stellvertretend für seine Kollegen. Und Daniel Hodapp ergänzt: „Rainer kennt die Ambulanzfliegerei seit den Anfängen, mit ihm geht ein Stück Geschichte in den Ruhestand.“
In vielen gemeinsamen Diensten schätzte ich die ruhige gelassene Art von Rainer. Es war mir eine Ehre, in dieser Zeit von ihm zu lernen
Marco Bauer, Einsatzkoordinator DRF Luftrettung
Auf den neuen Lebensabschnitt schaut er mit Freude, vor allem auf die Zeit ohne Schichtdienst. „Und auf die Wochenenden“, ergänzt er. „Jetzt habe ich mehr Zeit für Freunde, Bekannte und Familie. Ich kann mich mehr der Bibelarbeit widmen. Und auch reisen steht auf dem Plan. Es wird also kein ‚Loch‘ für mich geben, ich werde mich nicht langweilen.“ Hin und wieder ein Besuch bei den Kollegen ist fest eingeplant, versichert er und ergänzt, welchen Stellenwert er ihnen beimisst: „Ohne die Einsatzzentrale und ZKS geht es eben nicht. Wir haben hier den erforderlichen Hintergrund und das passende Personal, um Repatriierungen und Verlegungen durchzuführen – 24 Stunden, 7 Tage die Woche. Ich möchte meinen Kollegen vor allem eines mitgeben: Bleibt kollegial, bleibt nachsichtig – bleibt so, wie ihr jetzt schon seid. Denn das macht unser Team aus.“
Alles Gute, lieber Rainer Banzhaf! Wir bedanken uns – auch im Namen der Patienten – für dein Engagement und deine Arbeit!
Autorin: Claudia Ziegler - Pressereferentin